Kinder, die bilingual aufwachsen, machen insgesamt ähnlich schnelle Lernfortschritte wie Kinder mit nur einer Muttersprache. Einzeln betrachtet ist der Erwerb der jeweiligen Sprachen allerdings verzögert.

Wenn sich Eltern um die sprachliche Entwicklung ihrer Kinder unter multilingualen Bedingungen sorgen, hören sie dazu meist eine von zwei gegensätzlichen Meinungen: Entweder, heißt es, werde der Nachwuchs durch das Nebeneinander der Sprachen verwirrt und überfordert und brauche deswegen länger, um sie zu erlernen. Oder, so sagen die anderen, es spiele im Prinzip keine Rolle, ob ein Kind nur eine Sprache oder gleich drei oder vier lerne – das Gehirn schaffe alles problemlos im selben Zeitraum.

„Beide Ansichten sind falsch“, behauptet nun die US-amerikanische Psychologin Erika Hoff. In ihrer jüngsten Studie kommt sie zu dem Ergebnis, dass sich der Wortschatz bilingualer Kinder in einem Tempo entwickele, das mit dem einsprachiger Kindern durchaus vergleichbar sei. Der Unterschied bestehe allerdings darin, dass sich das Lernpensum auf beide oder mehrere Sprachen aufteile.

Umgekehrt bedeute dies, dass das Vokabular einer einzelnen Sprache bei den mehrsprachigen Kindern im Verhältnis langsamer wachse. Außerdem erreichten sie erst später die Entwicklungsstufe, in der sie Kombinationen von zwei oder drei Wörten aus dem gelernten Wortschatz bilden.

Hoff verwendete Fragebögen, auf denen Eltern angaben, welche Wörter und Wortverbindungen ihre Kinder bereits kannten und nutzten.Verglichen wurden Kinder im Alter von etwa zwei Jahren, die von Geburt an entweder mit Englisch und Spanisch oder nur mit Englisch aufgewachsen waren. Die beiden Gruppen verfügten zwar über ein ungefähr gleich großes Gesamtvokabular; nur beim Direktvergleich des Englischen waren die zweisprachigen Kinder deutlich im Rückstand.


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